Montag, 26. Januar 2015

Ein Schuhkarton für eine junge Familie ...

Die Sonne scheint ungewöhnlich warm für einen Dezembertag; ein fast wolkenloser Himmel ist über den Häusern zu sehen. Wir wandern durch ein Roma-Ghetto in Assenowgrad (Bulgarien), ca. 170 Kilometer von Sofia entfernt. Hier leben ca. 4.000-5.000 Menschen; in erster Linie sind es türkische Roma, mit denen selbst die Übersetzer Schwierigkeiten haben sich zu verständigen.

Wir betreten das Haus einer jungen Familie, deren Sohn Zwiatko wir mit einem Schuhkarton beschenken wollen. Die Küche ist ein ca. 2 x 1 Meter großer, schlecht verputzter Anbau, mit mintgrünen Wänden. Zersprungene Fliesen hängen mehr schlecht als recht über dem dreckigen Abwaschbecken, eine staubgraue Gardine ist an den zugigen Fenstern und dem Abwaschbecken angebracht. In der Decke klafft ein quadratisches Loch. Es ist kühl.

Von der Küche gehen zwei Räume ab – ein Wohn- und Schlafzimmer. Das Wohnzimmer ist selbst an diesem sonnigen Tag in Dunkelheit getaucht. Im Schlafzimmer stehen zwei Schlafsofas, ein kleiner Fernseher, auf dem ein Kinderprogramm läuft und ein brauner Ofen mit einem schwarzen Rohr, welches zu Decke führt. Die Luft ist vom typischen holzverbrannten Geruch durchzogen. Wäsche hängt zum Trocknen auf einer Leine an der Wand. Auf dem Ofen steht eine Metalltasse, in der eine undefinierbare Flüssigkeit vor sich hin kocht.
Weihnachtsstimmung gibt es hier nicht. Nur eine kleine Lichterkette hängt zwischen Wanduhr und Wäscheleine. Der Stecker steckt in einer nicht ganz sicher aussehenden Konstruktion bestehenden aus Verteiler und Kabel.

Im Wohnzimmer ist die Familie versammelt. Der Vater heißt Raicho und arbeitet mit seinen 25 Jahren als Müllmann. Damit ist er fast eine Seltenheit, denn viele Männer, die ebenfalls in dem Ghetto leben, sind arbeitslos. Seine wunderschöne Frau Raina ist 8 Jahre jünger als er. Sie war 14 als sie geheiratet und ihren Sohn Zwiatko bekommen hat. Während wir mit ihnen reden, wiegt sie ihre schlafende sechsmonatige Tochter Angelina im Arm.

In diese Armut hinein ist der Schuhkarton, ein wahrer Hoffnungsschimmer, der für die ganze Familie leuchtet. Der Großvater, der ebenfalls mit seiner Frau in der winzigen Wohnung lebt, kann seine Augen gar nicht von seinem Enkel nehmen, so berührt ist er von der Freude des Kleinen. Auch die Eltern sind sprachlos. Sie sind schon dankbar, wenn sie ihre Kinder mit Kleidung beschenken können, aber ein "richtiges Geschenk", das gab es noch nie.
Wenn sie das nächste Mal zu der Kirche in ihrer Gegend gehen, werde sie vielleicht ein wenig besser verstehen, wenn es heißt "Gott will uns beschenken". Denn zu Weihnachten feiern wir das größte Geschenk, das Gott uns machen konnte – die Geburt seines Sohnes Jesus Christus. Jesus ist Gottes Geschenk an uns. Gott schenkt.

Die junge Mutter Raina mit ihrer sechsmonatigen Tochter Angelina.

Pastor Georgi übergibt Zwiatko einen buntbepackten Schuhkarton. Der Kleine kennt Geschenke nicht
und kann im ertsen Moment nicht glauben, dass es für ihn sein soll.

Mit strahlenden Augen beobachtet der Großvater,
wie sein Enkel zum ersten Mal ein richtiges Geschenk erhält.

Die Handschuhe sind genauso groß wie die Freude von Zwiatko.

Voller Freude und Dankbarkeit verabschiedet uns die junge Familie
an der Tür zu ihrem winzigen Zuhause.