Seit Wochen beherrscht die Flüchtlingskrise in Westeuropa die
Nachrichten. Es gibt kaum eine Institution, die nicht dazu aufruft, sich für
die Flüchtlinge hierzulande zu engagieren. Auch im christlichen Bereich
ermutigen Werke und Organisationen ihre Mitglieder, aktiv zu werden. Die
überbordende Hilfsbereitschaft treibt merkwürdige Stilblüten: An vielen Orten
gibt es zu viele Sachspenden. In Dortmund
riefen Feuerwehr und Verbände vor kurzem dazu auf, keine Sachspenden mehr abzugeben.
In München,
Fürth
oder Nordtirol
wurden Spender ebenso abgewiesen, in Duisburg
ein Teil der gespendeten Kleider gar weggeworfen. Manch einer sortiert seinen
Kleiderschrank oder Keller aus, ohne auf Qualität oder Brauchbarkeit zu achten.
Ehrenamtliche Mitarbeiter finden sich immer öfter in der Rolle des
Müllentsorgers wieder, auch bei „Weihnachten im Schuhkarton“
kommt das leider noch (zu) oft vor. (Ein Grund, warum bei dieser Aktion nur
neue Dinge erlaubt sind.) Die Frage, die man sich als Spender stellen sollte,
lautet nicht „Was kann weg?“, sondern „Was können Flüchtlinge gebrauchen?“ .
Wenn man ehrlich ist, muss man feststellen: Die Not der
Menschen hat sich nicht verändert – sie hat sich lediglich verlagert: Von den
Flüchtlingslagern der Nachbarländer Syriens zu uns. Und wenn man ehrlich ist,
muss man auch feststellen: Wenn für Länder wie Deutschland oder Österreich mit
insgesamt über 90 Mio. Einwohnern und einer jährlichen Wirtschaftsleistung von
über drei Billionen Euro (3.000 Milliarden (!)) der Zuzug von ca. ein bis zwei
Millionen Flüchtlingen eine Herausforderung darstellt, was sollen dann erst
direkte Anliegerstaaten von Syrien sagen? In Jordanien kommt auf zehn
Einheimische ein Flüchtling, im Libanon beträgt das Verhältnis sogar sechs zu eins.
In den letzten Wochen haben insbesondere die Deutschen
bewiesen, dass es ihnen ein Anliegen ist, Flüchtlinge in ihrer Not mit
helfenden Händen und viel Engagement zu begegnen. Es ist ein Zeichen von Mitgefühl und
Humanität, dass diese Chance genutzt wird, den zu uns kommenden Menschen mit
Nächstenliebe zu begegnen. Gerade für Christen gibt es zu diesem Verhalten
keine Alternative. Gleichzeitig sehen wir die Begrenzungen. Selbst in
Deutschland müssen einige der Schutzbedürftigen in nicht ausreichend beheizten
Zelten ausharren (die überwiegende Mehrheit der Migranten hat jedoch eine feste
Unterkunft!). Viele Hilfsorganisationen bemühen sich darum, Defizite
auszugleichen und ringen flächendeckend nach Lösungen. Auch die Verpflegung der
Flüchtlinge ist in Deutschland und Österreich beispiellos. In anderen Ländern –
vor allem auf der Balkanroute – mangelt es dagegen an Existenziellem. Deshalb
engagiert sich Geschenke der Hoffnung mit seinen Partnern an den Brennpunkten
der Flüchtlingsroute wie Griechenland, Kroatien oder Serbien. (Mehr dazu hier.)
Gemeinsam mit unserem Partner "Samaritan's Purse" unterstützen wir Flüchtlinge in ihrer Notsituation - hier in Kroatien. |
Es geht nicht darum,
das eigene Gewissen zu beruhigen
Ich habe die Sorge, dass wir vor lauter Angst vor der Zukunft
uns einigeln und nur die Herausforderungen in unserer eigenen Umgebung sehen.
Ich habe die Sorge, dass Spendengelder lediglich umgeschichtet werden und
wichtige Projekte in anderen Ländern darunter leiden – und letztendlich die
Menschen, die davon profitieren sollen. Ich habe die Sorge, dass man nach dem
Aussortieren des Kleiderschranks sein Gewissen zu schnell beruhigt. Dabei ist
nicht materielle Hilfe hierzulande das Wichtigste, sondern Ideelle. Will
heißen: Migranten brauchen Personen, die sich Zeit nehmen und sie auf dem Weg
in diese Kultur und Gesellschaft begleiten. Das erfordert mehr zeitlichen
Aufwand – und eine echte, dauerhafte Hingabe. Und wir brauchen den Mut
diejenigen, die aus unterschiedlichen Gründen keinen Asylgrund haben, auf
menschenwürdige Weise schnellstmöglichst in ihre Heimat zurückzubringen.
In Deutschland liegt die Spendenquote bei etwa 30 Prozent
(West: 34,5 %, Ost: 27,4 %). Im Umkehrschluss: Mehr als zwei Drittel der
Bevölkerung spenden nicht – weder für Tiere, Menschen noch an einen Sportverein
oder Kultur. Es gibt also viel Potenzial. Schön wäre es, wenn die aktuelle
Situation dazu beiträgt, dass gerade diese Menschen aufwachen und mitmachen –
schließlich gibt es vielfältige Möglichkeiten, die nicht immer ein großes
finanzielles Polster voraussetzen. Und dass die, die sich bereits sozial
engagieren, neben ihrem lokalen Engagement auch weiterhin treu die globalen
Projekte unterstützen, in denen es mitunter ums nackte Überleben geht. Denn
seien wir ehrlich: Bei über 5,2
Billionen Euro auf der „hohen Kante“ – die nicht nur den Superreichen
gehören – haben wir noch mächtig Spielraum.
Daher sollte die Frage „Helfe ich lokal oder global“ nicht
mit „Entweder-Oder“ beantwortet werden, sondern mit einem leidenschaftlichen
„Sowohl als auch“.
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