Donnerstag, 14. Januar 2016

Eine Schule verändert Leben


Reisebericht von Hans-Christian Danker, Referent für Bildung und Information

November 2015. Ich sitze im Büro des Schulleiters unseres Projekts "Indien: Freiheit" in Südindien. Zweieinhalb Autostunden von Hyderabad entfernt, mitten im Nirgendwo. Mir gegenüber sitzt Chander, 15 Jahre alt. Wir hatten uns bereits bei meinem letzten Besuch vor einem Jahr kennengelernt. Umso mehr freue ich mich, ihn nun wiederzusehen. Chander geht in die achte Klasse und gehört der Gruppe der Banderas an, einem sesshaft gewordenen Nomadenstamm. Diese gehören wie die sogenannten "Unberührbaren", die Dalits, zur alleruntersten Schicht Indiens, die nach wie vor häufig als wertlos und unrein betrachtet werden. Zusammen mit seinen Eltern und seinem Bruder lebt er in einem kleinen Haus, eine Toilette haben sie nicht. Jeden Morgen läuft er drei Kilometer zu Fuß zur Schule. Seine Eltern, die nur wenige Jahre zur Schule gegangen sind, arbeiten auf dem Feld. Mit leuchtenden Augen erzählt er mir, was sich durch den Schulbesuch in seinem Leben verändert hat: "Früher wusste ich gar nichts, nun spreche ich fließend Englisch. Ich komme jeden Tag sauber und ordentlich gekleidet zur Schule. Damals wusste ich nicht, dass solche Dinge wichtig sind. Das, was ich lerne, gebe ich an meine Eltern weiter. Sie sind sehr stolz auf mich. Die Schule hat mein Leben verändert!" Sein großer Wunsch für die Zukunft ist es, Polizeichef zu werden.

Die Freude darüber, dass er die Good Shepherd School besuchen kann,
steht Chander ins Gesicht geschrieben.
Ich höre bei meinem Besuch immer wieder, dass viele der Schüler hier die ersten in ihren Familien sind, die eine Schule besuchen oder die Möglichkeit haben, einen Schulabschluss zu machen. Für uns ist das eine Selbstverständlichkeit, für diese Kinder und Familien ist es jedoch der Beginn eines Neuanfangs. Zum ersten Mal können sie von einer Zukunft ohne Armut und Ausbeutung träumen. Zum ersten Mal haben ihre Eltern die Hoffnung, dass es ihren Kindern einmal besser gehen wird als ihnen. Zum ersten Mal kommt das Potential, das in all diesen Kindern steckt, zum Vorschein. Sie beginnen zu verstehen, dass sie wertvoll, geliebt und begabt sind. Dass sie Würde besitzen und es Lebensperspektiven fernab ihrer vermeintlichen Bestimmung gibt.

Hoffnung, Würde und neue Perspektiven werden für die Schüler greifbar.

Diese Hoffnung spürt man auch Parvathi, einem etwas schüchternen, zwölfjährigen Mädchen, ab. Sie geht in die sechste Klasse und gehört wie Chander zu den Banderas. Von ihren Schwestern ist sie die einzige, die zur Schule gehen kann. Ihr Alltag ist von vielen Entbehrungen und harter Arbeit geprägt. In den Ferien, manchmal auch nach der Schule, muss sie auf dem Baumwollfeld ihrer Eltern und oder auf Feldern anderer Besitzer arbeiten. Etwas weniger als drei Euro erhält sie, wenn sie den ganzen Tag arbeitet. Eines Tages kam sie dabei mit giftigen Chemikalien in Kontakt, wodurch sie mehrere Hautverletzungen erlitten hat. Die Narben an ihren Armen werden sie wohl ihr Leben lang begleiten. Auch wenn ihr Leben momentan von diesen schwierigen Umständen geprägt ist, hat sie dennoch Hoffnung und Träume für ihre Zukunft: Sie möchte Ärztin werden und anderen Menschen helfen. Deswegen lernt sie eifrig und ist dankbar, auf die Good Shepherd School gehen zu können.

Wenn Parvathi zur Schule geht, kann sie die harte Arbeit auf dem Feld
für einige Zeit vergessen und sich ihrem Lieblingsfach Englisch widmen.


Freiheit, Würde und Hoffnung beginnt mit einer Schule und mit den Lehrern und Mitarbeitern, die den Kindern Liebe, Wertschätzung und Anerkennung entgegen bringen. In den nächsten Wochen erfahrt ihr mehr über diese Menschen, die sich jeden Tag mit Leidenschaft in das Leben der Schüler investieren.

Auch ihr könnt das Leben ausgegrenzter Kinder positiv verändern! Unterstützt unser Projekt „Indien: Freiheit“ mit einer Spende oder als Projektpate. Gerne kommen wir auch in eure Gemeinde, Schule oder Jugendgruppe, um über das Projekt und die Situation der Dalits in Indien zu berichten: bit.ly/MitmachenIndien

Kontakt:
Hans-Christian Danker
Tel.: 030-76883-412
E-Mail: h.danker@geschenke-der-hoffnung.org