Dienstag, 28. April 2015

Nepal: "Ich weine über mein Land"


„Als ich am Samstagabend von dem schrecklichen Erdbeben in meiner Heimat hörte, war ich tief betroffen. Natürlich versuchte ich schnell mit meinen Eltern und Verwandten in Kontakt zu kommen. Sie leben in Pokhara, etwa 80 Kilometer vom Epizentrum entfernt. Auch dort waren die Erschütterungen noch stark zu spüren. Doch in dem Dorf selbst kamen wohl nur zwei Menschen zu Tode. Meine Angehörigen sind in Sicherheit. Ihre Häuser hielten den Erschütterungen stand. Das liegt wohl auch daran, dass meine Eltern sich schon beim Hausbau über das Risiko eines Bebens informiert haben und entsprechende Vorkehrungen getroffen haben. Doch viele Menschen in Nepal sind sich des Erdbebenrisikos nicht bewusst. Gerade in den Dörfern sind viele Menschen einfach zu arm, um sich ein erdbebensicheres Haus bauen zu können. In den Städten wie Kathmandu setzen sich viele einfach über die geltenden Bauvorschriften hinweg, die sicherstellen sollen, dass Häuser nicht so leicht einstürzen. Die Behörden unternehmen auch nichts, um diese Regeln durchzusetzen. 

Ich selbst habe in meiner Zeit in Nepal schon einige Erdbeben miterlebt. Meistens wackelte die Erde nachts. Das macht natürlich Angst, vor allem weil man sich nachts nicht so schnell in Sicherheit bringen kann. Insofern war es gut, dass dieses Beben nun tagsüber war – sonst wären wohl noch mehr Menschen umgekommen. Doch die Katastrophe wird das ohnehin schon sehr unterentwickelte Land noch weiter zurückwerfen – vielleicht um 50 Jahre. 

Meine Eltern und Verwandten haben nun die letzten drei Nächte im Freien übernachtet. Mein Vater engagiert sich schon seit längerem ehrenamtlich beim Roten Kreuz und ist aktuell auch daran beteiligt, Erdbebenopfer mit wichtigen Hilfsgütern zu versorgen. Doch das große Problem in Nepal ist die Korruption. Viel Geld versickert bei den staatlichen Institutionen. Ich hoffe sehr, dass private Hilfsorganisationen wie Geschenke der Hoffnung/Samaritan’s Purse dazu beitragen können, dass Menschen wirklich geholfen werden kann. 

Die Situation meines Landes macht mich sehr traurig. Ich weine über mein Land. Gestern versuchte ich zur Arbeit zu gehen, konnte mich jedoch nicht konzentrieren. Ich fühle mich hilflos aus der Ferne zu sehen, wie meine Heimat im Chaos versinkt. Ich hoffe sehr, dass viele Menschen spenden und das Geld an die richtigen Stellen gelangt.“

Sagun Paudel (32) promoviert derzeit im Fachbereich Wasserbau an der TU Darmstadt. Ihr Traum ist es, ein Mini-Wasserkraftwerk zu entwickeln, das dann in ihrer Heimat zum Einsatz kommen kann.
 

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