Donnerstag, 25. Februar 2016

Lehrer an der Good Shepherd School – mehr als nur ein Job


Reisebericht Teil 2 von Hans-Christian Danker, Referent für Bildung und Information

 

Im ersten Teil meines Reiseberichts konntet ihr lesen, wie durch die Schule unseres Projekts „Indien: Freiheit“ das Leben ausgegrenzter Kinder positiv verändert wird. Mich hat es berührt, all diese Geschichten zu hören, die oft von bitterer Armut, großen Entbehrungen und widrigen Lebensumständen geprägt sind. Genauso spürbar war aber auch die Hoffnung im Herzen dieser Kinder, die Hoffnung auf eine würdevolle und selbstbestimmte Zukunft. Denn diese Zukunft wird schon jetzt für sie Realität, da sie an der Schule Wertschätzung und Anerkennung erfahren. Die Lehrer und Mitarbeiter sind es, die ihnen jeden Tag diese Wertschätzung entgegenbringen und sie spüren lassen: „Du bist wertvoll, du bist einzigartig, du bist geliebt“.

Deswegen war es mir bei meinem letzten Besuch sehr wichtig, die Mitarbeiter besser kennen zu lernen und auch ihre Geschichten zu hören. Was motiviert sie, an der Good Shepherd School zu arbeiten? Welche Herausforderungen gibt es? Und was verändert sich aus ihrer Sicht im Leben der Schüler? In all diese Fragen möchte ich euch mit den folgenden Geschichten Einblick geben.




Balaiah in seinem Büro. Hier hat er in den ersten Jahren gelebt, weil die Schule nicht sicher war.

Über das Wiedersehen mit Balaiah habe ich mich besonders gefreut. Als Lehrer hat er vor mehr als fünf Jahren an der Good Shepherd School begonnen. Seit 2013 leitet er die Schule und ist für alles verantwortlich, was in und um sie herum passiert. Er ist selber Dalit und weiß, was es bedeutet, getrennt von den anderen Dorfbewohnern zu leben. In den Ferien, manchmal auch während der Schulzeit, mussten er und seine Geschwister auf den Feldern oder Baustellen arbeiten. Als er begann, sich für den christlichen Glauben zu interessieren, kam es zu großen Spannungen mit seinen Eltern. „Komm bloß nicht wieder zurück, wenn du gehst“, hatten sie zu ihm gesagt, als er die Entscheidung traf, ein Bibelstudium bei unserer Partnerorganisation in Hyderabad zu absolvieren. Doch er blieb bei seinem Entschluss, besuchte außerdem die Lehrerausbildung und kehrte danach in seine Heimatregion zurück. Mit ganzer Kraft und Hingabe widmet er sich nun seiner Arbeit und investiert viel Zeit und Energie in die Schule und die Kinder. In den ersten Jahren nach der Gründung im Jahr 2008 waren die Menschen in der Umgebung sehr ablehnend und unfreundlich, oft wurden sogar Gegenstände aus der Schule gestohlen. Deswegen hat er für mehrere Jahre in der Schule gelebt, um sie zu beschützen. Doch nach und nach begannen die Eltern, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Heute hat sie einen sehr guten Ruf, so dass sie mittlerweile an die Grenzen ihrer räumlichen Kapazitäten gewachsen ist und erweitert werden muss. Balaiah hat sogar noch größere Träume. Mit strahlenden Augen erzählt er: „Ich würde gerne die medizinische Versorgung für die Dorfbewohner mithilfe einer kleinen Arztpraxis weiter ausbauen, und wünsche mir ein Waisenhaus für die vielen Kinder in der Region, die ohne ihre Eltern aufwachsen müssen.“ Man spürt sofort, dass er ein Herz für die Armen und Ausgegrenzten hat. Er möchte den Kindern und Jugendlichen eine gute Schulbildung ermöglichen und ihnen von der Liebe Gottes, die er selbst erfahren hat, weitergeben. Denn dadurch werden sie zu Hoffnungsträgern für ihre Familien und Dorfgemeinschaften, weil sie das, was sie in der Schule lernen, in ihre Familien tragen und Verantwortung für sich und ihr Umfeld übernehmen. So konnten Balaiah und seine Kollegen beobachten, dass sich seit Gründung der Schule die Sauberkeit in den Dorfgemeinschaften verbessert hat. Die Zusammenarbeit mit den Eltern bleibt jedoch eine große Herausforderung. Manche können nicht lesen und schreiben, vielen ist der Wert von Bildung nicht bewusst. Besonders schwierig ist es, sie davon zu überzeugen, auch die Mädchen zur Schule zu schicken. Trotz all dieser Herausforderungen strahlt Balaiah eine große Freude und Dankbarkeit aus. Dankbarkeit darüber, dass er mit seiner Arbeit dazu beitragen kann, ausgegrenzten und benachteiligten Kindern den Weg in ein würdevolles Leben zu ermöglichen und ihnen etwas mitzugeben, dass auch über den Schulbesuch hinaus Bestand hat.   

Swapna bei der Arbeit.


Swapna arbeitet seit 2010 als Krankenschwester an der Good Shepherd School und übernimmt damit eine zentrale und sehr wichtige Aufgabe. Denn was hätten die Kinder von einer Schule, wenn sie ständig krank wären? Sie beobachtet das Wachstum und die Entwicklung der Schüler, organisiert Impfungen, behandelt kleinere Krankheiten und schult die Kinder und Jugendlichen in Hygiene- und Ernährungsthemen. Häufige Ursachen für Erkrankungen sind verunreinigtes Wasser sowie Untergewicht in Folge von Mangelernährung. Deshalb bietet die Schule ein Ernährungsprogramm an, wodurch die Gesundheit der Schüler bereits merklich verbessert werden konnte. Regelmäßig erhalten sie Obst, ein Glas Milch oder ein gekochtes Ei, damit sie lebenswichtige Vitamine und Mineralstoffe zu sich nehmen. Die Eltern sind sehr dankbar dafür, da sich viele eine ausgewogene Ernährung schlichtweg nicht leisten können.

Doch Swapna kümmert sich nicht nur um die medizinische Versorgung der Schüler. Mit großem Einsatz betreut sie auch viele Frauen in den umliegenden Dörfern. Gemeinsame Arztbesuche, Verteilung von Medikamenten, Gesundheitskontrollen sowie medizinische Aufklärung sind Teil ihrer täglichen Arbeit. Viele Frauen leiden unter Alkoholproblemen aufgrund großer Schmerzen. In diese Situation hinein kann sie konkrete Hilfe, Hoffnung und Wertschätzung bringen. Damit trägt Swapna wesentlich dazu bei, dass nicht nur das Leben der Schüler positiv geprägt, sondern auch das Leben in den Dorfgemeinschaften zum Besseren verändert wird.


Swapna

Die schwächeren Schüler liegen Bhavani besonders am Herzen. Seit 2014 arbeitet sie als Lehrerin an der Schule unseres Projekts. Sie gehört einer niedrigen Kaste an. Als einziges Familienmitglied erhielt sie das Privileg, zur Schule zu gehen. Sie wurde Lehrerin und kam zum christlichen Glauben. Bhavani möchte den benachteiligten und oft verwahrlosten Mädchen und Jungen das geben, was viele Eltern dieser Kinder ebenfalls nicht hatten: eine gute Schulbildung. »Ich habe selbst erfahren, wie Bildung und die Liebe Gottes mein Leben verändert haben.«, erzählt sie strahlend. »Durch die Arbeit hier haben auch diese Mädchen und Jungen sowie deren Familien die Chance auf Veränderung.« Die meisten Schüler sind sehr wissbegierig und lernen schnell. Sie sind stolz darauf, dass sie Englisch sprechen und schreiben lernen. Jeden Tag beobachtet sie, wie die Schüler ihre Gaben und Fähigkeiten entwickeln und sich entfalten können. Das macht Bhavani unglaublich froh und dankbar. Allerdings ist sie traurig darüber, dass nur etwa 30 Prozent der Schüler Mädchen sind. Dies ist eine der größten Herausforderungen, darin sind sich alle Lehrer einig. Zusammen mit unserem Partner wollen wir in den kommenden Monaten daran arbeiten, den Anteil der Mädchen zu erhöhen.




Bhavani unterrichtet Mathe in einer Kindergartenklasse.


Mich hat es sehr beeindruckt, zu sehen, mit welcher Leidenschaft, Hingabe und tatkräftigem Einsatz sich all die Mitarbeiter und Lehrer in das Leben der Schüler investieren. Für sie ist das Lehrersein nicht nur ein Job, sondern Berufung und Leidenschaft zugleich.

Mit eurer Spende oder Projektpatenschaft könnt ihr ihre Arbeit unterstützen und dazu beitragen, ausgegrenzten Kindern Wertschätzung, Freude und Perspektive zu bringen. Gerne kommen wir auch in eure Gemeinde, Schule oder Jugendgruppe, um über das Projekt und die Situation der Dalits in Indien zu berichten: bit.ly/MitmachenIndien

Kontakt:

Hans-Christian Danker

Tel.: 030-76883-412



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